01. Mai 2021 Thema: Smart City Von Konrad Alter
In Zeiten zunehmender Digitalisierung fragt man sich, ob die Sozialdemokratie nicht etwas antiquiert daherkommt. Viele Teile unseres Lebens sind vernetzt und Informationen können in Bruchteilen von Sekunden zwischen Kontinenten ausgetauscht werden. Das birgt doch großartige Chancen. Oder nicht?
Das vielleicht noch immer vorherrschende Bild des „Arbeiters“, der mit seiner eigenen Hände Arbeit 12 Stunden täglich in lauten und schlecht belüfteten Fabrikhallen schuftet, existiert zwar noch, doch die Arbeitswelt hat sich gewandelt.
Durch die Technisierung und Digitalisierung, die in den 1980er Jahren richtig Fahrt aufgenommen haben, sind viele „klassische“ Jobs weggefallen. Es sind aber auch Neue entstanden. Zusätzlich ist es nun möglich, Missstände mit nur einem Klick im Internet zu verbreiten und für alle Welt sichtbar zu machen. Braucht es da noch Solidarität untereinander? Wenn doch jeder mit einem Computer und einem Schreibtisch, zumindest theoretisch, Millionär werden könnte?
Ich sage ja! Denn die Probleme sind nicht weg, sie haben sich nur verlagert. Es gibt sie noch immer, die inzwischen „modernen“ Sklaven. Sei es der Praktikant, der mit Schulabschluss, guten Noten und Berufsausbildung von Fristvertrag zu Fristvertrag geschoben wird, oder der freischaffende Softwarearchitekt, der für einen Hungerlohn schuftet, weil es eben „Marktüblich“ ist. Ist etwas gut, nur weil es alle machen? Ich denke, es lassen sich bessere Lösungen finden, als einfach nur „weiter so“.
Hier müssen die Gewerkschaften ihre wichtige Arbeit fortsetzen und ausbauen und wir alle können uns daran beteiligen!
Doch es gilt noch mehr zu tun. Wo die Digitalisierung alte Lücken schließt, entstehen neue. So etwa bei der Infrastruktur.
Nicht nur die Coronapandemie verdeutlich seit einem Jahr, was schon vorher offensichtlich war: Digitale Infrastruktur ist heute so wichtig wie Trinkwasser oder Strom. Gebiete, die nicht mit schnellem Internet – und dazu zählt auch Mobilfunk – versorgt sind, werden abgehängt.
Erftstadt ist eine Flächengemeinde. Für die Breitbandverfügbarkeit bedeutet das, dass große Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtteilen entstehen, da gewinnorientierte Telekommunikationskonzerne die langen „Durststrecken“ zwischen den Stadtteilen scheuen.
Wünschenswert ist daher eine gesamtstädtische Strategie, ganz Erftstadt mit Glasfaser bis ins Haus und dem bislang schnellsten Mobilfunkstandard – 5G – zu versorgen. Stattdessen passiert das Gegenteil. Privaten Unternehmen wird erlaubt, sich die Filetstücke rauszupicken und kleinere, unwirtschaftliche Stadtteile, wie Herrig, werden außen vor gelassen. Auch passiert es, dass Stadtteile untereinander aufgespalten werden, wie zunächst in Friesheim geschehen. Die verbleibenden Gebiete sind dann so klein, dass ein späterer, eigenwirtschaftlicher Ausbau unrealistisch ist. Anstatt gegen diese Entwicklung anzukämpfen, werden auch noch weitreichende Kooperationsverträge mit diesen Unternehmen geschlossen. In diesen Verträgen ist keine Rede von einem Flächenausbau. Das kommt einem Ausverkauf gleich! Solidarisch ist das nicht! Eine lebendige Stadt lebt durch Miteinander, nicht durch Spaltung!
Der südlichste Stadtteil von Erftstadt musste dieses Problem aufgrund mangelnder Unterstützung selber angehen. Scheuren Online hat im Alleingang, ohne finanzielle Hilfe von Außen, eigene Glasfaserleitungen verlegt. Das ist zwar löblich, zeigt aber das Versagen der Wirtschaftsförderung.
Wir stehen für eine aktive Gestaltung der Digitalisierung in Erftstadt. Wir müssen weg vom Ausverkauf, hin zu einem ganzheitlichen Handeln! Dafür steht Smart City. Von Verträgen, die wirklich niemanden ausschließen, profitieren wir alle!
Und dann, dann hat die Erftstadt wirklich die Chance, ihrem Motto gerecht zu werden: Zusammen, wachsen!