21. Juni 2023 Thema: Allgemein Von Axel Busch
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Weitzel,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,
sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,
liebe Mitbürger*innen,
am 14.03.2023 haben Sie – Frau Bürgermeisterin – den Entwurf Haushalts 2023 eingebracht, der formal mit einer schwarzen Null endet. Das musste dieser Haushalt auch, weil ansonsten die Stadt Erftstadt in den Nothaushalt käme und die Spielräume für Verwaltung und Politik dann gegen Null tendieren würden. Getragen von dieser Prämisse ist der vorgelegte Haushaltsentwurf ein Rechenwerk, der in keiner Weise inhaltliche strukturelle Veränderungen in sich trägt, sondern lediglich ein Versuch, mit allen Finanztricks, insbesondere aber auch mit Mehrbelastungen für die Bürger*innen, den Haushaltsausgleich darzustellen.
Dieser Haushaltsentwurf ist zudem ein Übergangshaushalt. Ausgehend davon, dass der Haushalt 2023 heute mehrheitlich beschlossen wird, wird dieser frühestens nach den Sommerferien von der Bezirksregierung genehmigt werden, wenn er denn genehmigungsfähig ist. Heißt, dieser Haushalt wird lediglich vier Monate gültig sein. Ab Januar 2024 sind wir dann wieder in der vorläufigen Haushaltsführung, mit den bekannten Beschränkungen.
Wir dürfen gespannt sein, welche strukturellen Veränderungen der Haushaltsentwurf 2024/2025 mit sich bringen wird. Dann können Sie Frau Bürgermeisterin auch etwas mutiger sein und zu Ihren Vorschlägen stehen, denn Sie haben sich ja bewusst für einen Doppelhaushalt entschieden, damit zur Kommunalwahl 2025 keine Haushaltsberatungen anstehen. Zu Ihren Entscheidungen gestanden haben Sie mit Ihrem Haushaltsentwurf 2023 nicht. Dies muss an dieser Stelle betont werden.
Ich habe es in 14 Jahren Ratsmitgliedschaft noch nie erlebt, dass in einem Haushaltsentwurf Mehreinnahmen durch Gebühren-, Entgelt- oder Steuererhöhungen einkalkuliert waren, die erforderlichen Vorlagen zu diesen Positionen aber nie oder ganz spät von dem Bürgermeister / der Bürgermeisterin dem Rat vorgelegt wurden. Ihr Haushaltsentwurf ist letztendlich nicht ausgeglichen. Es gab keine Vorlagen zu den berücksichtigten Mehreinnahmen bei der Kita- und OGS Elternbeiträgen, und das, obwohl für 2023 gut 600.000€ und für 2024 1.3 Mio € Mehreinnahmen im Haushaltsentwurf stehen. Anpassung der Musikschulgebührensatzung?
Vorlage? Lange Zeit Fehlanzeige.
Anpassung der Friedhofsgebührensatzung – Fehlanzeige – keine Vorlage!
Anpassung der Straßenreinigungsgebührensatzung – Fehlanzeige – keine Vorlage.
Sie haben sich nicht getraut, den Bürger*innen ehrlich und offen zu sagen, was auf sie zukommen wird. Diese Rolle haben Sie der Politik überlassen. Dies ist ganz schlechter Stil.
Aber jetzt zum Inhaltlichen: Dieser Haushalt stellt in vielen Punkten Zumutungen für die zukünftigen Generation dar und belastet insbesondere Familien:
• Erhöhung der Kita- und OGS Elternbeiträge
• Erhöhung der Grundsteuer B
• Erhöhung der Musikschulbeiträge
• Isolierungen
All diese Punkte betreffen nicht nur aber im besonderen Maße junge Familien. Die Isolierungen – hier handelt es ich um einen Schattenhaushalt, in dem Mehrausgaben im Zusammenhang von Corona und der Ukraine-Krise aus dem Haushalt isoliert werden können und ab 2027 auf 50 Jahre abgestottert werden müssen – belasten den städtischen Haushalt ab 2027 regelmäßig mit gut einer halben Million Euro. Dies ist eine Politik auf den Schultern der zukünftigen Generationen!
Strukturell bleibt Ihr Haushalt – Frau Bürgermeistern – blass. Wo sind die Ideen und Mittel für ein Pushen der Digitalisierung? Erftstadt wird so nie Smart City.
Wo sind konkrete Projekte in Sachen Klimaschutz / Klimawandel? Bisher bewegt sich alles im Konzeptionellen. Wie schaffen wir es, für die Zukunft bezahlbaren Wohnraum sicher zu stellen? Fehlanzeige. Und wann kann Erftstadt endlich eine Schullandschaft vorweisen, in der alle Eltern wie auch Kinder ihre Wunschschule in Erftstadt besuchen können?
Nichts von dem findet sich in Ihrem Haushaltsentwurf wieder? Die Zukunftsthemen packen Sie nicht an! Wir sind gespannt, wie Ihr nächster Haushaltsentwurf aussehen wird.
Ob dieser Haushalt wirklich genehmigungsfähig ist und die schwarze Null erreicht wird, bleibt abzuwarten. Aber wie konnte es so weit kommen, dass die Stadt Erftstadt finanziell vor dem Abgrund steht? Die sogenannte konservative Gestaltungsmehrheit hat es in den vergangenen Jahrzehnten versäumt, die erforderlichen Weichen zu stellen.
• Instandhaltungen an Gebäuden und Einrichtungen sind vernachlässigt worden.
• Bei Großprojekten wie die Sanierung Schulzentrum Lechenich ist es versäumt worden, Alternativen ernsthaft zu prüfen. Die Kosten laufen jetzt aus dem Ruder.
• Die Schaffung neuer Gewerbegebiete, die dann natürlich zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen generieren, wurde nicht stringent verfolgt – eher sogar verschleppt – siehe Barbarahof.
• Fehlende Anpassung der Gebührenkalkulation beim Rettungsdienst. Hier wurden beträchtliche Summen in den Sand gesetzt
Leider hat auch die vor Jahren beschlossene und von uns mitgetragene Organisationsuntersuchung nicht die Wirkung erzielt, die wir uns erhofft hatten. Während die Analyse noch vieles beim Namen genannt hatte, ist die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen eher von Willkür geprägt. Die Ergebnisse werden immer dann herangezogen, wenn es den Interessen der Bürgermeisterin und der Ratsmehrheit zu Gute kommt, oder wenn man für die Bürger*innen unangenehme Entscheidungen nicht selber verkünden will. Dagegen hört man von den im Rahmen der Organisationsuntersuchung festgestellten erheblichen Mängel in den Führungsstrukturen nichts mehr. Offensichtlich sehen Sie Frau Bürgermeisterin keinen Handlungsbedarf. Auch die kürzlich getroffenen Entscheidungen der Ratsmehrheit zu der Organisationsstruktur der Stadtverwaltung sind in Zweifel zu ziehen. So ist weder für die Auflösung der Energiegesellschaft noch für die beabsichtigte Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft in Form einer AöR der Nachweis erbracht, dass diese perspektivisch für die Stadt von Vorteil sind. Ob das Wohl der Stadt bei diesen Entscheidungen immer im Vordergrund steht? Die Entwicklungen werden es zeigen.
Es wird Sie nicht überraschen. Aus den zuvor genannten Gründen wie auch begründet durch die Tatsache, dass fast alle unserer Vorschläge zum Haushalt mehrheitlich abgelehnt wurden, so z.B.
• Streichung Mittel Beratungskosten Gründung AöR
• Ausweitung der Grundsteuererhöhung auf den Bereich der Grundsteuer A – landwirtschaftliche Betriebe
• Änderungsantrag zu den Kita- und OGS-Gebühren
wird die SPD-Fraktion dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Das gesamte finanzielle Dilemma in dieser Dimension hätte nicht sein müssen, wenn der Kreistag, somit auch die hier sitzenden Kreistagsmitglieder der Mehrheitskoalition im Kreis dem Vorschlag aller Bürgermeister*innen hinsichtlich Senkung der Kreisumlage gefolgt wären.
Zum Abschluss möchte ich mich bei allen bedanken, die bei der Erstellung des Haushaltsplanes mitgewirkt haben.
Axel Busch
Fraktionsvorsitzender