08. Mai 2024 Thema: Allgemein Von Susanne Loosen
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Weitzel,
sehr geehrte Mitarbeitende der Verwaltung,
sehr geehrte Stadtverordnete,
sehr geehrte Vertreter:innen der Presse,
liebe Mitbürger:innen,
am 27.02.24 haben Sie, Frau Bürgermeisterin, den Entwurf des Doppelhaushalts 2024/25 eingebracht, der formal voraussichtlich genehmigungsfähig ist. Für diese, um etwa 4 Millionen Euro jährlich geschönte Darstellung, haben Sie alle finanztechnischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Ein Jahr vor der Kommunalwahl erklären Sie den Bürger:innen die tatsächliche finanzielle Lage natürlich nicht. Wer inhaltliche oder strukturelle Verbesserungen sucht, sucht vergeblich. Neben dem Ausnutzen der rechnerischen Spielräume, auch zulasten künftiger Jahre und Generationen, geht auch dieser Haushalt vor allem zulasten des Personals.
Ein Ergebnis der teuren Organisationsuntersuchung durch die IMAKA, war, dass wir an einigen Stellen mehr Personal brauchen. Aber, die Ergebnisse dieser Untersuchung wollten Sie mit den Bürger:innen unserer Stadt nicht teilen. Deshalb danken wir ausdrücklich den Fraktionen, die unserem Vorschlag gefolgt sind, die Ergebnisse nun doch öffentlich zu diskutieren. Sie und Ihre Fraktion waren leider nicht dabei.
Wir beklagen natürlich ebenso, wie Sie, die wachsenden Aufgaben für Kommunen, die durch Bund und Land nicht ausreichend finanziert werden. An dieser Stelle verweise ich gerne noch mal auf den Brandbrief der Bürgermeister:innen an NRW-Ministerpräsident Wüst. Wir vermissen allerdings von Ihnen auch starke Worte in Richtung Kreis, der sich auch in diesem Jahr mehr Gelder bei uns Kommunen holen wird, als er tatsächlich braucht. Warum Stadtverordnete dem im Kreistag zugestimmt haben, bleibt sicher ein Geheimnis.
„Wenn Sturm aufkommt, suchen die einen Schutz, die anderen bauen Windmühlen“, haben Sie in Ihrer Haushaltseinbringung zitiert. Aber, wo bauen wir denn Windmühlen? Die Energiegesellschaft haben Sie auf die Schnelle liquidiert. Mitten in der größten Energiekrise.
Und an welcher Stelle in der Stadt werden Sie künftige Energiegeschäfte verorten? Auch diese Frage bleibt unbeantwortet. Und somit wird es sein, wie so oft. Erftstadt verschläft die Chancen!
Apropos Chancen verschlafen: 2020 hat der Rat einstimmig beschlossen, dass wir uns als Modellkommune um Fördermittel für die Digitalisierungsstrategie „Smart Cities“ bewerben. Wir wären bei der Erstellung und Umsetzung der Digitalisierung in der Stadt mit 90% Förderquote vom Bund unterstützt worden. Insgesamt mit bis zu 9 Millionen Euro für Personal, Strategie und Umsetzung. Seither hatten Sie Jahr für Jahr Gründe, das lieber später anzupacken. Und die Ratsmehrheit hat Sie dabei unterstützt. Zwischenzeitlich ist das Thema nicht mal mehr in der Beschlusskontrolle zu finden. Irgendwie abhandengekommen. Aber, macht ja nichts. Die Fördermittel gibt es ohnehin mittlerweile nicht mehr. Und so geben wir nun nur 65.000€ im Jahr für die notdürftigsten Digitalisierungsmaßnahmen aus. Eine planvolle Vorgehensweise ist nicht erkennbar.
Weitere Beispiele für Zukunftsthemen, die in diesem Haushalt nicht angepackt werden, sind der Klimaschutz, der Hochwasserschutz und das Mobilitätskonzept.
Die Zukunft des Eigenbetriebs Immobilien ist auch ungewiss. Sie haben ihm die Geschäftsgrundlage entzogen, indem Sie die Grundstücke in den neuen Stadtentwicklungsbetrieb verschoben haben. Die kostenträchtigen Projekte an den maroden Gebäuden sind jedoch beim Eigenbetrieb geblieben.
Wie nun zum Beispiel die Sanierung des Schulzentrums Lechenich oder der OGS-Ausbau finanziert werden sollen, ist uns ein Rätsel. Jedenfalls wird der Eigenbetrieb Immobilien so geschwächt nicht mehr in der Lage sein, Gewinne in Höhe von 3,6 Millionen Euro jährlich in den Kernhaushalt abzuführen.
Der neue Stadtentwicklungsbetrieb, den Sie teuer geschaffen haben, ist eine Anstalt öffentlichen Rechts, die jedoch grundsätzlich nichtöffentlich berät. Unsere Vorbehalte in Sachen Intransparenz haben sich bisher bestätigt. Eine seltsame Auswirkung ist auf der Tagesordnung dieser Sitzung zu finden. Die „Geheimsache Post Friesheim“. Betroffene interessierte Bürger:innen dürfen nicht mehr von uns über die vorliegende Stellungnahme der Verwaltung unterrichtet werden. Ist ja nicht-öffentlich.
2024 planen wir 14 Millionen Euro mehr Ausgaben, als Einnahmen. 2025 planen wir 16 Millionen Euro mehr Ausgaben als Einnahmen. Rechnerisch kommen wir auf Fehlbeträge von „nur“ 10,2, beziehungsweise 12,1 Millionen Euro. Die Differenz – jährlich fast 4 Millionen Euro – müssen wir allerdings noch einsparen. Ein Kraftakt würde ich sagen. Wir sind gespannt, ob er zu stemmen ist. Und um welchen Preis.
Die Isolierungen im Haushalt – Corona und Ukraine-Krise – müssen ab 2027 auf 50 Jahre abgestottert werden und belasten den städtischen Haushalt ab 2027. Auch das ist eine Politik auf den Schultern der zukünftigen Generationen!
Ach ja – zukünftige Generationen – Der Kinder- und Jugendförderplan kam nicht nur viel zu spät, die Beschlüsse – hart erkämpfte Kompromisse – werden auch nicht umgesetzt. Der Anteil, den wir für Jugendarbeit ausgeben, schrumpft weiter. Und das, obwohl wir alle wissen, dass die Coronakrise, das Hochwasser und der Krieg auf europäischem Boden für junge Menschen sehr belastend sind und sie deutlich mehr Unterstützung brauchen. Nicht weniger.
Wenigstens haben Sie auf eine weitere Erhöhungsrunde der Kitagebühren verzichtet. Vorerst. Für diesen Haushalt. Die Antragssteller CDU und Grüne haben ihren Prüfauftrag, etwa für höhere Beiträge für die ganz Kleinen, zurückgezogen. Weitere Zumutungen soll es sicher erst nach der Kommunalwahl geben.
Ob dieser Doppelhaushalt wirklich genehmigungsfähig ist, bleibt abzuwarten. Die alljährliche Frage an die „Gestaltungsmehrheit“, wie es nur so weit kommen konnte, dass die Stadt Erftstadt finanziell vor dem Abgrund steht, kann ich Ihnen auch in diesem Jahr nicht ersparen. Unser Eigenkapital schmilzt, unsere Gebäude sind marode, Schulen wurden nicht instandgehalten, Bäder nicht, Straßen auch nicht.
Die Schaffung neuer Gewerbegebiete wurde nicht stringent verfolgt. Von der Diskussion um das vielversprechende interkommunale Industriegebiet Barbarahof ganz zu schweigen.
Eins möchte ich noch der derzeit größten Fraktion in diesem Rat mit auf den Weg geben: Liebe Kolleg:innen von der CDU, Sie haben beantragt, den Rat zu verkleinern. Aus angeblichen Kostengründen, wobei gerade Sie die Ausschussstruktur seit der letzten Kommunalwahl deutlich aufgebläht haben. Ich habe an vielen Stellen Verständnis für Sparbemühungen. Aber bitte nicht an den falschen Stellschrauben – der kommunalen Demokratie! Die Kommunen sind die Basislager der Demokratie. Hier wird ehrenamtlich gearbeitet. Und die Belastung für die Stadtverordneten, insbesondere der kleinen Fraktionen, ist jetzt schon enorm hoch! Hier in den Kommunen ist für Bürger:innen echte Beteiligung möglich. „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“, hat Willy Brandt gesagt. Kommunale Demokratie darf nicht aus wahltaktischen Gründen zerstört werden! Gerade in diesen Zeiten nicht!
Es wird Sie nach meinem Vortrag und nachdem Sie fast alle unsere Vorschläge zum Haushalt mehrheitlich abgelehnt haben, nicht überraschen: Die SPD-Fraktion wird dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht zustimmen.
Zum Abschluss möchte ich mich bei allen bedanken, die bei der Erstellung des Haushaltsplanes mitgewirkt haben.
Susanne Loosen
Fraktionsvorsitzende