14. Dezember 2022 Thema: Lernen Von Susanne Loosen
Wer die Vorlagen der Bürgermeisterin zu den Themen Elternbefragung und Schulentwicklungsplanung liest, muss sich verwundert die Augen reiben. Diskutieren wir in dieser Stadt doch seit 2013 darüber, dass es nicht länger hinnehmbar ist, dass etwa jedes 4. Kind die Stadt verlässt um eine weiterführende Schule zu besuchen. In der Regel sind dies Gesamtschulen und Gymnasien. So kann es nicht weitergehen, waren sich alle einig. So wurden dann 2014 die Eltern befragt, welche Schulformen sie für ihre Kinder wünschen. Heraus kam, dass etwa 24% der Eltern eine Gesamtschule wollen oder sich vorstellen könnten, ihr Kind an einer Gesamtschule in Erftstadt anzumelden. Das weitere Vorgehen von Verwaltung und der Ratsmehrheit aus CDU und FDP ist bekannt: Obwohl die Landesregierung mitgeteilt hatte, dass Rat und Verwaltung nun in der Pflicht waren eine Gesamtschule zu gründen, wurde dies verhindert. Die Bezirksregierung empfahl eine erneute Elternbefragung und die Einleitung des Errichtungsverfahrens für eine Gesamtschule.
Nach weiterem politischem Druck und Gesprächen mit der Bezirksregierung, gebar man die Idee eine Gesamtschule oder einen Teilstandort der Weilerswister Gesamtschule in der ehemaligen Förderschule in Friesheim unterzubringen. Das war aus meiner Sicht eine Scheindebatte. Gegen eine Gesamtschule in Friesheim sprach die Nähe zu Weilerswist, das ist nicht genehmigungsfähig. Gegen einen Teilstandort in Friesheim hatten sich der Weilerswister Rat und die Schulleitung der Gesamtschule zu Recht ausgesprochen. Man wollte keine zerteilte Schulgemeinschaft, zudem ist die Schule in Friesheim zu klein.
Fünf der sieben im Rat vertretenen Fraktionen wollen eine Elternbefragung zur Zukunft unserer Schullandschaft. Regelmäßig haben wir Anträge auf eine erneute Elternbefragung gestellt, ebenso regelmäßig wurde dies abgelehnt. In diesem Jahr überraschte uns die Bürgermeisterin nun damit, dass sie eine Schulentwicklungsplanung ohne Elternbefragung bereits in Auftrag gegeben hatte. Es wurde nicht einmal die Schwerpunktsetzung vorab besprochen. Und zu besprechen gäbe es ja einiges. Auch in diesem Jahr ist die Zahl der Auspendler nicht gesunken – im Gegenteil. Wir haben über 25% Auspendler zu weiterführenden Schulen in Nachbarstädten.
Die Krönung aber ist eine Vorlage zur rechtlichen Relevanz einer Elternbefragung, in der die Bezirksregierung empfiehlt, die fehlende Gesamtschule „nicht als Mangel, sondern als Chance zu verstehen.“ Als ehemalige Gesamtschulmutter fühle ich mich verhöhnt! Welche Chancen ergeben sich bitte daraus, dass meine Kinder die gewünschte Schulform nicht in unserer Stadt besuchen konnten? Freunde in Weilerswist und in der Eifel? Ewige Fahrerei? Fehlende Bindung an unsere Heimatstadt? Das lässt die Vorlage offen…..
Im Schulausschuss am 22.11.22 wurde der Diskussion über die Schulentwicklung in Erftstadt schnell ein Ende gesetzt. Zum einen mit Vorlagen, die nicht überprüfbar waren, weil entsprechende Dokumente nicht hinterlegt waren. Ein Antrag der Grünen, man möge diese Dokumente bis zur nächsten Sitzung vorlegen und dann weiter beraten, wurde von CDU und FDP abgelehnt. Zum anderen durch einen CDU-Antrag auf „Schluss der Beratung“ (Geschäftsordnung des Rates und seiner Ausschüsse der Stadt Erftstadt, §12.6). Der CDU/FDP-Block stimmte dem zu. Die Ausschussmitglieder von CDU und FDP verweigern sich bei diesem immens wichtigen Thema konsequent dem Diskurs. Die Debatte um die Schulentwicklung war beendet. Traurig, wie der Austausch von Argumenten – eine Kernelement der Demokratie – in Erftstadt gelebt wird.
Nun wird es also keine Entwicklung bei den weiterführenden Schulen geben. Der Schulentwicklungsplan kommt zu dem Ergebnis, dass es keinen Handlungsbedarf bei den weiterführenden Schulen gibt. Alles soll bleiben, wie es immer war. Dass jedes 4. Kind hier nicht das richtige Angebot findet, ist egal. Was das Auspendeln für Familien und Zugehörigkeitsgefühl zu unserer Stadt bedeutet, ist egal. Es wird weiter ausgegrenzt. Und das ist sehr schade und wieder einmal eine verpasste Chance für unsere Stadt.
Das wichtige Thema OGS-Ausbau wurde übrigens gar nicht erst diskutiert. Nach dem beantragten „Beratungsende“ war das nicht mehr möglich.
Auch wenn es mit den derzeitigen Mehrheiten im Stadtrat in dieser Wahlperiode nicht erfolgversprechend erscheint, werden wir uns weiterhin für eine vielfältige Schullandschaft mit Angeboten für alle Erftstädter Schülerinnen und Schüler in Erftstadt einsetzen.